Text: Richard Dehmel
9. August 1899
Arnold Schönberg Center, Wien
Wie im Streichsextett »Verklärte Nacht« entstammt der Text zu Schönbergs etwa zeitgleich entstandenem Lied »Erwartung« dem Lyrikband »Weib und Welt« von Richard Dehmel. Das Liebesgedicht ist in eine Naturszenerie voll bedeutsamer Symbolik eingebunden. Farben sind dekorative Materialelemente und bilden in ihrem Bezug zueinander eine den Ausdruck bestimmende Schicht. Kennzeichnend für die Jugendstilästhetik des Textes ist die Naturkulisse und das Ineinandergreifen von Natur und Mensch. Das Bild der Frau steht im Hintergrund, und dennoch ist sie das zentrale Subjekt: Ihr dunkles Abbild spiegelt sich im Teich, und wenn sie geküsst wird, leuchten die Augen ihres Gegenübers »wie der meergrüne Grund«, in dem sie sich spiegelt. Klangzentrum und Erfindungskern des Liedes sind die drei ersten Akkorde im Klavier, die als Verweis auf die im Text enthaltene Spiegelung zu lesen sind.